Warum man Wahlprogramme manchmal doch vollständig lesen sollte

Dies und das

Bald ist ja Nationalratswahl. Zu den bekannteren und präsenteren Parteien hat man sich als halbwegs politisch interessierter Mensch bestimmt bereits ein Bild gemacht, das passiert ja für gewöhnlich (und idealerweise) nicht nur in den intensiven Wahlkampfwochen, sondern über Monate und Jahre hinweg, während man beispielsweise die Arbeit der Parteien im Parlament oder in diversen Landesregierungen mitverfolgt.

Um seine Wissenslücken zu schließen und sich einen Eindruck über die unterschiedlich innovativen Ideen für die Zukunft unseres Landes zu verschaffen, kann man sich, wenn man es genau wissen will, das jeweilige Wahlprogramm der Parteien in der engeren Auswahl zu Gemüte führen. Dieses kann heutzutage durchaus eine Seitenzahl im dreistelligen Bereich aufweisen. Ob dies dazu dient, den wirklich interessierten Wähler bis ins letzte Detail zu informieren, oder die Menschen davon abzuschrecken, das Programm überhaupt zu lesen, sei dahingestellt. So oder so wird man sich wohl, selbst wenn man sich zum Lesen entschieden hat, auf die für einen persönlich wichtigsten Themen beschränken.

Nun stolperte ich neulich, nicht beim Lesen des tatsächlichen Wahlprogramms, sondern dank eines Artikels im Standard, über eine meiner Meinung nach äußerst problematische Passage im Wahlprogramm der FPÖ. Da heißt es, man wolle eine „Meldestelle“ einrichten, bei der Lehrkräfte quasi angezeigt werden könnten, wenn sie in ihrem Unterricht „politisieren“. Was genau das heißen soll, bleibt im Artikel erst einmal der eigenen Phantasie überlassen. Von einer Partei kommend, die den menschengemachten Klimawandel und die medizinische Wirkung von Impfungen als (politische?) Meinung bezeichnet und sich hier oft neutralere Formulierungen wünscht, als wären beides nicht wissenschaftlich fundierte Tatsachen, wird der Phantasie allerdings nicht langweilig.

Was mich viel mehr schockiert hat als diese Forderung, waren die Reaktionen im Kommentarbereich. Nicht etwa die Alarmglocken schrillen hier, im Gegenteil, Wellen der Zustimmung schlagen einem entgegen. Ganz richtig sei das, meinen viele, Parteiwerbung habe im Unterricht nichts verloren. Ein Lehrer habe nicht Stimmung für oder gegen eine bestimmte Partei zu machen. Bin ich paranoid? Geht es wirklich nur darum?

Dass ich mich als Lehrer nicht wertend zu spezifische Parteien äußern darf, das ist mir natürlich bewusst, das finde ich so, wie offenbar auch der größte Teil der Standard-Community, auch ganz richtig. Nur ist das eben jetzt schon so. Auch gibt es durchaus Stellen, an die man sich mit einer Beschwerde wenden kann, wenn sich ein Lehrer an diese Regel nicht hält. Das wäre nämlich der jeweilige Direktor oder in höherer Instanz die verantwortliche Bildungsdirektion. Was also wäre die Aufgabe der eingangs erwähnten Meldestelle? Wem wäre sie unterstellt? Es bleiben viele Fragen offen, das leichte Unbehagen besteht nach wie vor.

Nun ist ja bekanntermaßen der Standard nicht die objektivste Tageszeitung der österreichischen Medienlandschaft. Um sich ein möglichst unvoreingenommenes Bild zu machen, komme ich um das tatsächliche Parteiprogramm also nicht herum. Denn ich möchte es genau wissen. Mit dem Stichwort „Meldestelle“ findet man schnell die gesuchte Passage. Hier heißt es, immer häufiger würden „Lehrer ihre Tätigkeit für die politische Beeinflussung, zumeist in Richtung des linken Mainstreams“ missbrauchen. Im nächsten Satz wird dann die besagte Meldestelle gefordert.

Mein Gefühl, dass es hier nicht darum geht, Parteireklame im Unterricht zu verhindern, hat sich also bestätigt. Worum es wirklich geht, kann man sich nach dem Studium der Absätze davor, in denen es ebenfalls um Schule geht, zusammenreimen. Hier ist die Rede davon, wie furchtbar es doch sei, mit Kindern über Geschlechteridentität zu sprechen, dass es Kinder verunsichere, zu erfahren, das Transsexualität existiert, dass quasi alles was „woke“ ist, aus der Schule verbannt gehöre. Darum geht es also.

Mir kommt das alles seltsam bekannt vor und ich werfe einen verstolenen Blick auf Ungarn. Dort gibt es bereits ein Gesetz, dass es verbietet, in Schulen über LGBT-Themen zu sprechen. Ebenfalls ist es verboten, Transsexuelle oder auch Homosexuelle als normale Menschen darzustellen. Wäre das bei uns unter einer FPÖ-Regierung dann noch erlaubt, oder könnte man mich, wenn ich beispielsweise von meinen Schülern Toleranz gegenüber ihren Mitschülern einfordere, ungeachtet deren sexueller Orientierung, bereits dafür bei der Meldestelle anzeigen?

Der Vergleich mit Ungarn ist kein Zufall, die Nähe der FPÖ zu Orbán kein Geheimnis. Dass der ungarische Staatschef für den selbsternannten Volkskanzler Kickl in vielerlei Hinsicht ein Vorbild ist, braucht man auch nicht zu erfinden, das hat dieser selbst bereits wiederholt kundgetan.

Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Das mulmige Gefühl begründet sich nicht länger auf einer vagen Ahnung, es entspringt keiner paranoiden Anwandlung, sondern fußt auf dem offiziellen Wahlprogramm der Partei, in Kombination mit von deren Mitgliedern öffentlich getätigten Aussagen.

Meine Gedanken wandern zurück zum Forum. Was mich nach wie vor erschüttert ist, wie viele Menschen sich all diese Gedanken nicht nur nicht machen, sondern nicht einmal auf die Idee kommen, dass man sich hier Gedanken machen könnte. Dass es Menschen gibt, die eine derartige Forderung sehr wohl in dem Wissen unterschreiben würden, was sie beinhaltet, das ist mir bewusst. Aber wie viele Menschen hier blind zustimmen in dem naiven Glauben, etwas völlig anderes sei gemeint, einem Panikmache unterstellen wenn man etwas suggeriert, dessen Wahrheitsgehalt sich ganz einfach überprüfen lässt, das lässt mich doch einigermaßen sprachlos zurück.

In diesem Sinne sage ich auch garnicht mehr und lasse meine Gedanken so im Raum stehen. Nur eines noch, politisierend hin oder her, in meinem Unterricht wird Toleranz und Respekt propagiert, dazu stehe ich, das ist gemäß Lehrplan sogar Teil meines gesetzlichen Bildungsauftrags. Und ich hoffe, dass das auch weiterhin so bleibt.

Urlaub ohne Kamera

Fotografie, Reisen

Einmal probeweise nur mit der Handykamera in den Urlaub zu fahren, entpuppte sich als durchaus erfolgreiches Experiment. Ja, natürlich macht das Fotografieren mit Profiauarüstung einfach mehr Spaß. Aber einfach nur schnell mit einem geübten Handgriff das Handy aus der Hosentasche fischen zu müssen, wenn man ein Foto machen möchte, ist vor allem, wenn man nicht alleine unterwegs ist, durchaus praktisch. Außerdem hat man ja, insbesondere mit zwei kleinen Kindern im Schlepptau, ohnehin auch ohne Kameratasche schon genug zu schleppen – durchaus auch mal besagte Kinder.

Mein Handy ist ein Samsung Galaxy S22 Ultra und verfügt über durchaus ordentliche Kameras. Im Gegensatz zu anderen Handykameras bleibt die Bildqualität auch beim Zoomen brauchbar. Dabei wird, zoomt man erst im Zuge des Zuschneidens im Nachhinein, sogar angeboten, a la CSI die Auflösung nachträglich zu erhöhen. Des Weiteren verfügt das Gerät über die bereits zum Standard gewordene Weitwinkelfunktion. Darüber hinaus wird zur Bearbeitung der Bilder ein ganz nettes KI-Feature angeboten, dass ich bereits in einem anderen Beitrag kurz vorgestellt habe (siehe hier).

Es folgt nun eine Auswahl an Fotos, die im Urlaub am Walchsee in Tirol entstanden sind.

Der unscheinbare Tod

Dies und das, Word in Progress

Was viele, die mich kennen, ahnen, aber die wenigsten wissen, ich habe einen leichten Hang zur Depression, wenn ich zu viel Zeit ohne äußerliche Routine verbringen muss.

Menschen, die mich im meine Sommerferien beneiden, kennen mich nicht. Zu sagen, neun Wochen Zwangsurlaub seien die Hölle, wäre übertrieben, aber genießen kann ich sie seit meiner Unizeit eigentlich kaum noch.

Warum das so ist, das Gefühl, jeden Tag aufs Neue nichts erreicht oder vorangebracht zu haben, ist jemandem, der es nie erlebt hat, schwer zu beschreiben. So absurd, wie es auf den ersten Blick klingen mag, ist es aber auch nicht.

Erst gestern las ich den Bericht eines Journalisten, der trotz negativem Coronatest zu zwei Wochen Quarantäne verdonnert wurde. Er beschreibt, und das schon nach wenigen Tagen, ähnliche Symptome wie ich sie in solchen Situationen bei mir selbst erlebe. Dass man in der Früh aufwacht und sich fragt, warum man sich überhaupt anziehen soll. Wenn einem bald sogar das Aufstehen sinnlos erscheint, weil man ja sowieso nichts zu tun hat.

Als ich heute bei unserer auf unbestimmte Zeit letzten Chorprobe saß, nur etwa ein Drittel von uns war anwesend die übrigen aus Vorsicht daheim geblieben, wurde mir schmerzlich bewusst, was das Virus tatsächlich für uns bedeutet. Und ich bekam die Angst, die ich davor vor dem Virus nicht gehabt hatte.

Es ist keine Angst vor Fiber, vor Husten oder überfüllten Spitalern, vor Lebensmittelknappheit oder Stromausfälle. Es ist eine Angst vor einem Sterben von Innen heraus.

Freiwillig oder nicht, befinden wir uns alle plötzlich in Quarantäne. Die Geschäfte schließen. Die Museen, Theater, Restaurants. Keine Chorprobe mehr, keine Tanzkurse, Musikstunden, kein netter Abend im Café.

Nicht nur ich habe mittlerweile die Erfahrung gemacht, dass man verurteilt, teilweise beschimpft wird, wenn man noch auf die Straße geht. Wenn man seine Freunde, seine Familie trifft. Wir machen einander krank, weil wir gesund bleiben wollen.

Ich habe versucht, mit meinem Partner darüber zu sprechen. „Aber dafür geht es dir gesundheitlich gut“, hat er gesagt. Das sei viel wichtiger. Aber genau darauf wollte ich hinaus. Es geht mir nicht gut. Und nur, weil ich nicht huste, bin ich nicht gesund.

Heute habe ich gesungen, im Kreis von Freunden, habe Glück getankt, es hat gut getan. Ich habe gemerkt, dass ich genau das jetzt am meisten brauche. Aber es war das letzte Mal.

An alle, die heute zu Hause geblieben sind: anstatt Nudeln und Toilettenpapier zu bunkern, hättet ihr lieber in diese letzte Probe kommen sollen. Lebensmittel wird es auch nächste Woche noch zu kaufen geben. Es ist die Nahrung für die Seele, an der bald Knappheit herrschen wird.

Wahl die Dritte (oder so)

Dies und das

Nun ist die Wahl also vorbei. Diesmal wirklich. Zumindest laut H.C. Strache ist eine erneute Anfechtung “kein Thema” (http://orf.at/stories/2369563/2369638/). Na schön, hätten wir das also auch geschafft.
Interessanter sind die Reaktionen auf das Ergebnis. Auch mich hat es (allerdings bereits beim ersten Versuch) zunächst überrascht, dass es so viele Leute gibt, die nicht denselben Kandidaten gewählt haben wie ich. Wo kommt das denn auf einmal her, dachte ich, fasst alle, die ich kenne, wählen doch den… naja.
Aber bald ging mir auf – ist doch klar. Natürlich bin ich vorrangig mit Leuten befreundet, die sich in einem ähnlichen Umfeld bewegen, ähnliche Meinungen haben. Da ist es ja auch kein Wunder, dass die Mehrheit meiner Freunde den Herrn Soundso wählt. Mein Freundeskreis ist aber nicht repräsentativ für die gesamte österreichische Bevölkerung.
Dass Van der Bellen die Stichwahlwiederholung gewonnen hat, hat also nichts mit Wahlbetrug zu tun, auch wenn man selbst vielleicht nur Hoferwähler kennt. Genauso verhält es sich übrigens mit dem Stimmensieg Hofers in der ersten Wahlrunde.
Und dass im Internet mittlerweile nur noch jeder den anderen beschimpft, nur weil der vielleicht doch den anderen gewählt hat, wird wohl nicht dazu beitragen, dass unser Freundeskreis bis zur nächsten Wahl repräsentativer wird.

Song Contest? Mir Wurst!

Dies und das

Österreich hat also den Song Contest gewonnen. Als ich das hörte, war ich erst erstaunt, dann ein wenig beglückt. Im Endeffekt relativ indifferent. Aus Langeweile las ich einige Kommentare im Internet – immer ein Fehler, aber doch ab und zu recht amüsant.

Nun gut, aus dem Drang heraus, auch einmal zu einem aktuellen Thema meinen Senf zu geben, hier mein Senf:

Ist der Sieg von Conchita Wurst ein Statement?
Ja, ich denke doch. Er hat gezeigt, dass man einen derartigen Wettbewerb gewinnen kann, auch wenn man sich nicht an gängige Konventionen hält. Noch vor einigen Jahrzehnten – vielleicht sogar Jahren – wäre das kaum möglich gewesen und ich halte das für eine sehr positive Entwicklung.

War der Antritt Conchitas eine Anti-Putin-Aktion?
Wohl kaum. Um ehrlich zu sein, bin ich schon allein über die Idee sehr verwundert. Erstens müsste man dem Song Contest eine wesentlich größere Bedeutung zumessen, als er jemals haben wird, um dieses Argument überhaupt bringen zu können. Als zweites muss man sich vor Augen führen, dass Österreich 2012 mit dem Lied „Woki mit deim Popo“ zum Song Contest antreten wollte. So viel Überlegung kann also hinter der Auswahl der Kandidaten schon von vorn herein nicht stecken.
Zu guter letzt kann man sich natürlich noch fragen,welchen Grund Österreich hätte, Russland provozieren zu wollen bzw warum ganz Europa für Österreich hätte stimmen sollen, um Russland eins auszuwischen. Da wäre doch zB die Ukraine naheliegender gewesen. Aber bitte.

Wie wird Österreichs Sieg die österreichische Musiklandschaft beeinflussen?
Wahrscheinlich gar nicht. Andere Interpreten werden nicht plötzlich besser, nur weil eine Österreicherin den Song Contest gewonnen hat. Sie werden auch nicht schlechter. Und es werden sich auch weder plötzlich alle Männer Frauenkleider anziehen, noch alle Frauen sich Bärte wachsen lassen – wer das wollte, konnte es auch bisher schon tun. Wir werden allerdings in den nächsten Tagen bestimmt mehr österreichische Musik im Radio zu hören bekommen – weil der Siegersong etwa stündlich gespielt wird.

Wird in einer Woche noch irgendjemand davon reden?
Schwer zu sagen, ich habe meinen Blogeintrag zur Sicherheit schon heute verfasst, weil ich mich nicht darauf verlassen würde.

PS: Ich fand es nicht in Ordnung, die Teilnehmerinnen aus Russland schon beim Halbfinale auszubuhen, das muss für einen Künstler schrecklich sein und womit haben die das verdient? Aber gut, wir reden hier offensichtlich von Menschen, die denken, der Song Contest wäre von internationaler Wichtigkeit, also lassen wir das.

So, das war mein Senf zu alldem und morgen werde zumindest ich schon nicht mehr davon sprechen.