Was kann man wirklich tun?

Dies und das

Zeitweise fühle ich mich, als würde ich die Welt durch eine Glasscheibe beobachten. Man sieht die Dinge passieren und hat keine Möglichkeit, einzugreifen. In den letzten Wochen geht es mir so, wenn ich die Nachrichten lese.
Was kann man denn wirklich tun gegen den Krieg in der Ukraine? So als Einzelner?

Bei der letzten Flüchtlingswelle habe ich gemeinsam mit meiner Handarbeitsgruppe Hauben für Flüchtlingskinder gehäkelt. Schön und gut, aber was ist schon ein Haube, wenn einem gerade alles genommen wurde? Eine nette Geste, aber kein Ersatz für das Alles.

Man ist tatsächlich oft als Einzelperson machtlos, weil die Dinge die passieren, nicht Einzelpersonen passieren, sondern einer ganzen Gesellschaft. Sie werden auch nicht von Einzelpersonen verursacht, selbst wenn wir uns das gerne einreden. Und man kann sie als Einzelperson auch nicht ändern.

Auch vielen Menschen in Russland könnte es im Moment ähnliche gehen. Nicht jeder, den die Sanktionen nun treffen, ist verantwortlich für den Krieg, viele können, zumindest jeder für sich, ebenfalls gerade nichts daran ändern, Sanktionen hin oder her.  Diese Sanktionen sind in Wahrheit nichts anderes als ein gebündelter Ausdruck unserer Hilflosigkeit. Beinahe alle Länder dieser Welt beobachten gerade die Ukraine durch eine Glasscheibe, klopfen ans Glas und rufen Putin zu, er soll aufhören.

Sind Sanktionen richtig? Ja. In jeder Form, in der sie gerade umgesetzt werden? Vielleicht nicht. Aber das Bedürfnis, etwas zu tun ist nachvollziehbar.

Fakt ist, dass die Gründe für Dinge die passieren, oft außerhalb unserer individuellen Kontrolle liegen. Weil sie weit in der Vergangenheit liegen, oder weil uns die nötige Entscheidungsgewalt fehlt. Nun könnte man argumentieren, dass es die Entscheidungen Einzelner waren, die uns zu diesem Punkt gebracht haben. Aber dass genau diese Einzelnen überhaupt entscheiden können ist, zumindest in einer Demokratie, wiederum das Werk der Gesellschaft. Die Mächtigen sind nicht alleine an die Macht gekommen. Und die Entscheidungsträger abzusetzen ist wiederum etwas, was einer alleine nicht bewirken kann, sondern nur eine ganze Gesellschaft, oder zumindest ein Kollektiv.

Teil eines großen Ganzen zu sein, dass dann doch etwas ändert, das ist natürlich möglich und schön. Aber ist das genug? Ist das alles? Spielt das Individuum in dieser Welt überhaupt eine Rolle?

Ich kann im Alleingang nicht den Krieg beenden. Ich kann auch das Coronavirus nicht ausrotten oder den Klimawandel stoppen. Ich kann zu allen diesen Dingen einen kleinen Beitrag leisten, der vielleicht, vielleicht auch nicht einen Unterschied macht.

Und hier bin ich wieder bei meiner Grundphilosophie angelangt.
Kann ich im Alleingang die großen Probleme der Welt lösen? Nein.
Kann ich im Alleingang die Welt schöner machen? Ja! Zumindest fur die Menschen um mich herum.

Man kann sehr wohl auch als Individuum etwas tun. Man kann jeden Tag so vielen Menschen wie möglich Freude bereiten, und sei es nur durch ein Lächeln. Man kann eine Stütze sein, ein Begleiter, ein Vorbild, ein kleines bisschen Sonnenschein.
Man kann ein Keim positiver Gefühle sein, die sich ausbreiten und wachsen, die Früchte tragen und sich vermehren.

Man kann nicht immer ändern, was auf der anderen Seite der Glasscheibe passiert, aber man kann auf dieser Seite der Glasscheibe anfangen und hoffen, dass das eigene Licht das Glas durchdringt.

Song Contest? Mir Wurst!

Dies und das

Österreich hat also den Song Contest gewonnen. Als ich das hörte, war ich erst erstaunt, dann ein wenig beglückt. Im Endeffekt relativ indifferent. Aus Langeweile las ich einige Kommentare im Internet – immer ein Fehler, aber doch ab und zu recht amüsant.

Nun gut, aus dem Drang heraus, auch einmal zu einem aktuellen Thema meinen Senf zu geben, hier mein Senf:

Ist der Sieg von Conchita Wurst ein Statement?
Ja, ich denke doch. Er hat gezeigt, dass man einen derartigen Wettbewerb gewinnen kann, auch wenn man sich nicht an gängige Konventionen hält. Noch vor einigen Jahrzehnten – vielleicht sogar Jahren – wäre das kaum möglich gewesen und ich halte das für eine sehr positive Entwicklung.

War der Antritt Conchitas eine Anti-Putin-Aktion?
Wohl kaum. Um ehrlich zu sein, bin ich schon allein über die Idee sehr verwundert. Erstens müsste man dem Song Contest eine wesentlich größere Bedeutung zumessen, als er jemals haben wird, um dieses Argument überhaupt bringen zu können. Als zweites muss man sich vor Augen führen, dass Österreich 2012 mit dem Lied „Woki mit deim Popo“ zum Song Contest antreten wollte. So viel Überlegung kann also hinter der Auswahl der Kandidaten schon von vorn herein nicht stecken.
Zu guter letzt kann man sich natürlich noch fragen,welchen Grund Österreich hätte, Russland provozieren zu wollen bzw warum ganz Europa für Österreich hätte stimmen sollen, um Russland eins auszuwischen. Da wäre doch zB die Ukraine naheliegender gewesen. Aber bitte.

Wie wird Österreichs Sieg die österreichische Musiklandschaft beeinflussen?
Wahrscheinlich gar nicht. Andere Interpreten werden nicht plötzlich besser, nur weil eine Österreicherin den Song Contest gewonnen hat. Sie werden auch nicht schlechter. Und es werden sich auch weder plötzlich alle Männer Frauenkleider anziehen, noch alle Frauen sich Bärte wachsen lassen – wer das wollte, konnte es auch bisher schon tun. Wir werden allerdings in den nächsten Tagen bestimmt mehr österreichische Musik im Radio zu hören bekommen – weil der Siegersong etwa stündlich gespielt wird.

Wird in einer Woche noch irgendjemand davon reden?
Schwer zu sagen, ich habe meinen Blogeintrag zur Sicherheit schon heute verfasst, weil ich mich nicht darauf verlassen würde.

PS: Ich fand es nicht in Ordnung, die Teilnehmerinnen aus Russland schon beim Halbfinale auszubuhen, das muss für einen Künstler schrecklich sein und womit haben die das verdient? Aber gut, wir reden hier offensichtlich von Menschen, die denken, der Song Contest wäre von internationaler Wichtigkeit, also lassen wir das.

So, das war mein Senf zu alldem und morgen werde zumindest ich schon nicht mehr davon sprechen.