Warum das Leben ist wie Maibaum Aufstellen

Dies und das

Gestern habe ich zum ersten Mal zugeschaut, wie so ein Maibaum aufgestellt wurde. Ich hatte mir da nicht so viel erwartet, aber eigentlich ist das eine sehr interessante Sache. Wenn man den fertig aufgestellten Maibaum so anschaut, denkt man ja erst mal nicht darüber nach, wie der da hin gekommen ist. Aber in Wahrheit ist das alles andere als eine triviale Sache.

Dieser Baum kommt so daher und dann muss der erst mal in ein Loch. Das ist schon mal schwieriger, als es sich anhört. Dieses Loch hat die Form einer Rinne. Damit ist der Baum dann zur Seite hin schon mal stabilisiert.

Dafür muss der Stamm dann aber auch genau im richtigen Winkel in diese Rinne hinein, was nicht so einfach ist, da der Baum mit mehreren Fahrzeugen geliefert wird und nur mit Hilfe eines Radladers bewegt werden kann.

Das stimmt natürlich nicht ganz, man kann das schon auch händisch machen. Ich bezweifle aber, dass es dadurch wesentlich einfacher wird. Jedenfalls muss man dafür schon ein ordentliches Maß Geduld mitbringen. Und die ein oder andere Hecke muss auch dran glauben, wie sich gezeigt hat.

Wenn dann der Stamm im Loch ist, kann man den auch nicht einfach aufrichten. Das geht dann so in Zehn-Grad-Schritten. Und dazwischen wird immer fleißig zugeschüttet und festgeklopft. Wäre ja schon blöd, wenn der Baum dann auf die andere Seite wieder umfällt. Also da muss man schon eine Ahnung haben, was man tut. Ich hätte das nicht gekonnt. Hätte das total unterschätzt, wie viel da dahintersteckt, so einen Maibaum aufzustellen.

Und jetzt denke ich mir so – ist es nicht mit vielen Dingen so? Wie oft steckt so viel mehr dahinter, als man sehen kann? Wie oft investiert man Wissen und Erfahrung, Lebenszeit und oft Blut, Schweiß und Tränen, und am Ende kommt etwas heraus, auf das man stolz ist, dem man die Mühe aber in keiner Weise ansieht?

Wie man mit diesen Dingen umgeht, ist wohl von Mensch zu Mensch verschieden. Ich bin durchaus jemand, der zufrieden damit ist, einfach stolz auf sein Ergebnis zu sein. Ich selber bin mit meiner Leistung ja bewusst. Trotzdem ist eine gewisse Wertschätzung der eigenen Arbeit etwas, ohne dass es ab einem gewissen Punkt immer schwerer wird, sich noch zu motivieren. Es tut einfach gut, wenn man für das, was man investiert hat, ein wenig Anerkennung bekommt, welcher Natur auch immer.

Und jeder, der jetzt genau weiß, wovon ich spreche, kann gleich wieder aufhören, darüber nachzudenken, wie undankbar die Welt ist und dieses Gefühl als Anstoß nehmen, auch die Leistung anderer zukünftig mit etwas offeneren Augen zu sehen. Denn denen geht es genauso. Für mich ist jedenfalls der Maibaum an diesem Tag zu einem Symbol für sehr viel mehr geworden als nur den Frühling.

Tulpen gießen

Fotografie

Nicht selten sind es die ungeplanten Schnappschüsse, die es auf die Liste der Lieblingsaufnahmen schaffen. Während ich meine Kamera gerade auf ein ganz anderes Motiv gerichtet hatte, drehte ich mich nur kurz um und bemerkte, wie konzentriert meine Tochter gerade dabei war, die Tulpen auf unserem Balkon zu gießen.

Ich wollte den Moment festhalten, das aufgesetzte Teleobjektiv zwang mich zu einem gewagten Bildausschnitt, der sich aber beim späteren Durchsehen der Fotos als genau richtig herausstellte.

Sofort wird der Blick von der knallgelben Gießkanne angezogen und dann mit dem aus der Tulpe fließenden Wasser nach unten geleitet, wo er vom Grün der Blätter eingefangen und zum oberen Bildrand geführt wird, wo man erst jetzt den konzentrierten Blick des Mädchens bemerkt.

Die Farbkombination aus gelb, rot und grün wirkt harmonisch, gleichzeitig neutralisiert das sanfte Grün der Blätter das knallige Gelb der Gießkanne. Außerdem bietet das begrünte Beet einen perfekten Hintergrund, um dem Motiv im Vordergrund einen geeigneten Kontext zu geben.

Durch den Bildausschnitt, auf dem das Gesicht nur ganz am Rand zu sehen ist, rückt die Tätigkeit des Gießens in den Fokus des Motivs, während der Person, die die Handlung ausführt, nur eine Nebenrolle zukommt. Das gerade im Moment des Auslösens herabrinnende Wasser bringt Bewegung ins Bild und erweckt den ganz richtigen Eindruck eines spontan eingefangenen Moments.

Während die Gießkanne sich ganz klar im Zentrum des Bildes befindet, nimmt das Mädchen den linken Teil des Bildes ein, während das noch jungfräuliche Blumenbeet den rechten Teil beansprucht. Der Rand des Beetes verläuft ziemlich genau entlang des rechten Drittels des Bildes, was für eine dem Auge angenehme Aufteilung sorgt. Zusätzlich befindet sich auch die waagrechte Kante der Einfassung genau auf der Höhe eines Drittels.

Das Bild wurde, bis auf das Wasserzeichen, in keiner Weise nachbearbeitet, sowohl der Augenblick selbst, als auch die Farben und der Kontrast waren in dem Bild einfach perfekt eingefangen. Auch nachträgliches Zuschneiden war nicht nötig.
Ein solch gelungener Schnappschuss ist tatsächlich eine Seltenheit, umso größer ist dann die Freude, wenn man unter den Aufnahmen des Tages ganz unerwartet so ein Juwel findet.